Allein auf dem Schulhof: Tipps gegen Ausgrenzung

Je älter Kinder werden, desto mehr fühlen sie sich zu ihren Gleichaltrigen hingezogen. Es bilden sich Cliquen und der Druck, einer dieser Gruppen anzugehören, steigt immer mehr. Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit zeigt sich in Kleidung, Sprache und Musikgeschmack. Und fast alle möchten irgendwo dazugehören.
Einige Jugendliche schaffen es, ihre Einzigartigkeit zu bewahren, dem Druck der Gleichförmigkeit zu widerstehen und trotzdem in der Gruppe akzeptiert zu werden. Für andere ist das schwieriger, sie werden ausgegrenzt und von der Peergroup nicht als vollwertiges Mitglied angenommen. Und du fragst dich vielleicht: Warum wird mein Kind ausgegrenzt?
Wenn das eigene Kind in der Schule ausgegrenzt wird, dann kann das weh tun. Nicht nur dem betroffenen Kind, auch den Eltern, die ihr Kind vor Ausgrenzung beschützen und wieder glücklich sehen wollen. In diesem Artikel erkläre ich das Phänomen Freundschaft, die Gründe dafür, warum es in Freundschaften manchmal nicht so klappt und was ihr als Eltern tun könnt, wenn euer Kind in der Schule ausgegrenzt wird.
Freundschaften: Warum wir uns anderen anschließen.
Die Kindheit ist aufregend, alles ist neu. In der Pubertät wird es dann plötzlich verwirrend. Teenager fragen sich in dieser Phase oft weniger, was sie werden wollen, sondern wer sie sein wollen. Freundschaften sind daher gerade in dieser Phase wichtig und Jugendliche leiden massiv, wenn Freundschaften in die Brüche gehen oder sie in der Schule ausgegrenzt werden. Aber nicht nur für die Kinder ist es schwierig, auch die Eltern können oft nicht verstehen, warum das eigene Kind meist allein ist und keine Freundschaften knüpft.
Um aber als Eltern zu begreifen, warum das eigene Kind sich nicht mit anderen trifft und alleine in seinem Zimmer sitzt, möchte ich erst darauf eingehen, warum uns Freundschaften, egal in welchem Alter, so wichtig sind.
Soziolog*innen haben herausgefunden, dass es drei Motive gibt, warum wir uns mit anderen zusammentun und Freundschaften schließen:
· Vergleich
· Reduktion von Ängsten
· Informationssammlung
Diese Motive sind vor langer, langer Zeit entstanden und haben noch heute ihre Gültigkeit, denn die physische Nähe zu anderen verbesserte damals unsere Überlebenschancen und macht uns auch heute noch das Leben einfacher. Es ergibt also durchaus Sinn, dass wir uns mit anderen zusammenschließen und uns in der Gruppe wohler fühlen. Wenn wir uns einsam fühlen, dann suchen wir instinktiv die Nähe anderer.
Im Umgang mit anderen Personen vergleichen wir uns mit ihnen und lernen durch diesen Vergleich. Gerade Kinder und Jugendliche sind auf der Suche nach sich selbst, nach jenem ICH, das sie in Zukunft sein wollen. Als Kind saugt unser Gehirn alle Erfahrungen auf, die es macht. Während der Pubertät werden diese Erfahrungen geprüft und neu abgespeichert.
Was genau während der Pubertät in unserem Gehirn passiert, erfährst du im Artikel Gehirn im Umbau.
Die Peers können also als Vorbild dienen oder sie leben den Teenagern vor, was sie nicht wollen. Auf jeden Fall aber suchen wir andere, um uns mit ihnen zu vergleichen und so schlussendlich den für uns richtigen Weg zu finden.
Außerdem fühlen wir uns in der Gruppe stärker, sicherer. Und gerade bei Jugendlichen während der Pubertät können einige Unsicherheiten auftreten. Meistern die Jugendlichen Herausforderungen gemeinsam, verlassen gemeinsam ihre Komfortzone, um Neues auszuprobieren, wird Vieles leichter. Drittens sammeln wir im Austausch mit anderen wichtige Informationen. Welche Bands sind gerade angesagt, was lerne ich am besten für die nächste Schularbeit oder wo gibt es den besten Burger der Stadt. All das kann ich von meinen Peers lernen. Und natürlich erfahre ich überlebenswichtigen Gossip.
Gründe für Ausgrenzung von Jugendlichen
Wenn das eigene Kind zum Außenseiter wird, dann schmerzt auch das Mutter- oder Vaterherz.
Die Gründe für eine Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen sind unterschiedlich, oft passiert dieses Ausgrenzen nicht einmal mit böser Absicht und die Anzeichen kommen schleichend.
Das Kind wird nicht zu einem Geburtstagsfest eingeladen, niemand fragt nach der Note einer Schularbeit und Verabredungen fürs Wochenende bleiben aus. Aus Scham erzählen die Kinder ihren Eltern manchmal nichts von ihrem Leid und auch die Lehrpersonen bemerken erst spät von der Ausgrenzung. Die Konsequenzen von Ausgrenzung werden oft besprochen und jeder von uns kennt das Gefühl, wenn man mal nicht dazu gehört, nicht reinpasst in eine Gruppe. Aber warum wird gerade dein Kind ausgegrenzt, was sind die Gründe dafür, dass eine Gruppe beschließt, ein Kind nicht mehr dabei haben zu wollen?
Bestrafung
Oft suchen Teenager nicht den offenen Konflikt, sagen nicht, was genau sie eigentlich nervt, sondern zeigen dem Gegenüber einfach die kalte Schulter. Dahinter steckt das Ziel, das Verhalten des Gegenübers zu ändern, was aber meist im genauen Gegenteil endet. Das ausgestoßene Kind weiß nicht, was es falsch gemacht hat, und wird so sein Verhalten nicht ändern können.
Es ist für uns Menschen viel besser zu verkraften, wenn wir offen gesagt bekommen, dass man uns ablehnt, als wenn wir einfach ignoriert und übersehen werden. Denn so werden wir zumindest als Person wahrgenommen.
Schutz der Gruppe
Der Freundeskreis ist für Kinder und Jugendliche die Familie, die sie sich ausgesucht haben. Sie agieren wie ein Rudel, das sich gegenseitig beschützt. Wird diese Gruppe bedroht, dann wird versucht, die Bedrohung abzuwenden, die Gruppe zu stärken und nach außen hin gegen die Bedrohung abzuschirmen. Wird also ein Kind aus irgendeinem Grund zur Belastung für die Gruppe, dann wird es aus dem Rudel ausgestoßen. Schon Kleinigkeiten können zum Ausschluss führen, eine uncoole Frisur, die falsche Kleidung oder eine andere Freundschaft, die nicht zur Gruppe passt.
Spielregeln innerhalb der Gruppe
Jede Gruppe auf dem Schulhof hat ihre eigenen Spielregeln und agiert nach gruppeninternen Normen und Werten. Werden diese Spielregeln missachtet, die Werte verletzt, dann kann dies dazu führen, dass das Kind ausgegrenzt wird.
Kinder und Jugendliche können unerbittlich sein. Konflikte stehen am Schulhof auf der Tagesordnung und gehören zur Entwicklung dazu. So lernen Kinder und Jugendliche, Konflikte zu lösen, sich durchzusetzen oder anderen zu helfen. Manchmal wird die Ausgrenzung aber massiv, und dann spricht man von Mobbing. Wenn du wissen willst, ob es sich bei deinem Kind um Mobbing handelt, dann lies dazu meine Artikel „So erkennst du, ob dein Kind gemobbt wird“.
Mein Kind wird in der Schule ausgegrenzt
Na gut, nun wissen wir, warum Kinder andere links liegen lassen und welche Motive dahinter stecken. Aber du wirst dich jetzt fragen, warum gerade dein Kind bestraft wird, was dein Kind falsch gemacht hat. Hier möchte ich ein paar Gründe aufzählen, warum Kinder und Jugendliche von anderen gemieden werden.
Persönliche Gründe
Während der Kindheit und Jugend verändert sich der Körper, die Stimme, das gesamte Aussehen ständig. Manche verwandeln sich vom blondgelockten Engel zur pickeligen Jugendlichen, andere vom pummeligen Knirps zum schlaksigen Riesen. Die einen sind plötzlich schüchtern und genieren sich, vor die Klasse zu treten, andere wieder haben wenig Lust auf Sport und lesen lieber. Die Jugendlichen probieren sich aus und entwickeln über die Zeit hinweg die verschiedensten Merkmale, und all diese Merkmale können positiv ausgelegt werden oder aber Anlass für Spott geben.
Wichtig ist es, den Kindern zu vermitteln, dass Anderssein etwas ganz Tolles ist und körperliche Merkmale nicht immer unter der eigenen Kontrolle liegen. Wie Eltern mit der Pubertät bei Jungs und Mädchen umgehen können, habe ich in anderen Blogartikeln näher beschrieben.
Familiäre Gründe/Erziehungsverhalten
Nicht jede Familie erzieht ihre Kinder gleich. Und das ist gut so. Doch auf der Suche nach sich selbst sind Kinder und Jugendliche oft auch auf der Suche nach Bestätigung und wollen sich in ihrem Freundeskreis gespiegelt sehen. In manchen Familien wird aus unterschiedlichen Gründen kein Wert auf gängige Trends gelegt, andere wieder sind bedacht darauf, dass die Kinder nicht mehr Zeit als nötig hinter dem Bildschirm verbringen. Dann können die Kinder in der Schule nicht mitreden über die angesagten Serien, das gestrige Fußballspiel oder den neuen Tic-Toc-Hype. Die Absicht der Eltern ist absolut gut und nachvollziehbar, für die Kinder bedeutet dies aber, dass nicht sie die Entscheidung getroffen haben, einen Trend nicht mitzumachen, sondern ihre Eltern.
Manchmal hilft es schon, die Regeln etwas zu lockern und mit den Kindern gemeinsam Regeln zu besprechen, die für beide Seiten in Ordnung sind.
Regeln sind nicht in Stein gemeißelt und ihr als Familie könnt sie jederzeit anpassen. Fragt euer Kind, warum diese oder jene Regel so schrecklich ist. Vielleicht versteht ihr ja die Beweggründe und passt sie an die neue Situation an.
Leistung
Nicht nur körperlich verändern sich Kinder in völlig unterschiedlichen Rhythmen, auch was die schulischen Leistungen angeht ist jedes Kind anders. Einige sind einfach immer gut in der Schule, anderen geht erst sehr spät der Knopf auf und wieder andere haben bis zum Ende ihrer schulischen Laufbahn Probleme mit dem System Schule. Diese unterschiedlichen Leistungsniveaus können auch ein Grund dafür sein, dass dein Kind ausgegrenzt wird. Hat ein Kind andauernd schlechte Noten, so wirken sich diese fehlenden Erfolgserlebnisse oft auf das Selbstbewusstsein aus. Das Kind nimmt Erfolge in anderen Bereichen gar nicht mehr wahr und hat ständig das Gefühl „Ich bin nicht gut genug“. Dieses Gefühl kann zu Auffälligkeiten im Verhalten führen, die Kinder können aggressiv gegen andere, bessere Schülerinnen werden oder sich zurückziehen.
Genauso können auch Kinder, die immer gute Noten schreiben, als Streberin oder Ehrgeizling beschimpft werden, weil sie aus dem Raster fallen. In beiden Fällen sollte die Schule darauf achten, die Kinder zu fördern, ohne dass die Klasse darunter leidet.
Was Eltern tun können, wenn ihr Kind in der Schule ausgegrenzt wird.
Wir haben nun geklärt, warum manche Kinder andere ausgrenzen und was die Gründe sind, dass genau dein Kind zum Außenseiter oder zur Außenseiterin wird. Aber was können Eltern tun, um ihren Kindern zu helfen, wenn sie alleine auf dem Schulhof stehen und zu keinem Geburtstagsfest eingeladen werden?
Mein Kind wird ausgegrenzt. 5 Tipps für Eltern
Kein Kind will, dass die Eltern sich einmischen, Jugendliche schon gar nicht. Und oft haben sie recht, denn was in einer Gruppe von Jugendlichen natürlich gar nicht geht ist, wenn jemand zu Mama oder Papa rennt. Aber wie kannst du deinem Kind helfen, ohne, dass es als Petze gilt? Was können Eltern tun, wenn das eigene Kind irgendwie nicht dazugehört? Wie bei den meisten Konflikten ist offene Kommunikation wichtig, ohne das Problem zu sehr zu dramatisieren. Hier ein paar Tipps, mit wem und wie ihr am besten ins Gespräch kommt.
1. Interesse zeigen
Rede mit deinem Kind und höre genau zu, was es dir erzählt, denn vielleicht liegt das Problem doch nicht dort, wo du es vermutet hast. Hier ist genaues Nachfragen wichtig, ohne, dass das Kind das Gefühl bekommt, ausgefragt zu werden. Das bedeutet: bleibe ruhig und zeige Interesse. Und sage dem Kind auch, wenn es etwas richtig gemacht hat.
Ausgrenzung bedeutet oft, dass das Selbstbewusstsein deines Kindes leidet. Darum braucht es Anerkennung und Wertschätzung für die Dinge, die es richtig macht. Wie du das Selbstbewusstsein deines Kindes stärken kannst, erfährst du in diesem Blogartikel.
Suche dir für solche Gespräche Situationen aus, in denen ihr beide möglichst gut drauf seid und in Ruhe reden könnt. Ist dein Kind gerade emotional angespannt oder überfordert, dann warte lieber, bis ihr einen passenden Moment findet, der auch genug Zeit und Raum bietet, um sich wirklich auszutauschen. Andererseits brauchen ein lobendes Wort oder ein Kompliment nicht viel Zeit und können jederzeit ausgesprochen werden.
2. Vermeide Schuldzuweisungen
Auch wenn es weh tut, wenn dein Kind von zerbrochenen Freundschaften oder Ausgrenzung in der Schule erzählt, Schuldzuweisungen gegenüber den Mitschüler*innen deinerseits werden die negativen Gefühle für dein Kind nur noch intensiver machen, noch mehr Gegenwehr erzeugen und das Problem somit verstärken. Auch wenn du das Gefühl hast, dein Kind kämpft allein gegen alle anderen, steige nicht in den Kampf mit ein, sondern beleuchte die Situation von allen Seiten, ohne nach Schuldigen zu suchen. Dies ist besonders schwer, wenn du dein Kind leiden siehst. Deshalb überprüfe während des Gesprächs deine eigenen Emotionen und begebe dich gefühlt immer wieder in eine Beobachterposition, von der aus du deine eigenen Aussagen checkst.
3. Lösungen finden
Sprich mit deinem Kind über mögliche Lösungswege, wie es ihm in der Situation besser gehen könnte. Oft haben die Kinder und Jugendlichen selbst die besten Ideen, wie sie mit schwierigen Situationen umgehen können, wenn sie die Möglichkeit haben, in Ruhe darüber nachzudenken und sich mit einer Person auszutauschen, die nur das Beste für sie will. Überlegt euch gemeinsam, welches Ziel ihr erreichen wollt und was ihr tun könnt, um dorthin zu kommen. Wichtig dabei ist immer der Blick auf das Ziel, vermeidet also das kleine Wörtchen „nicht“ in euren Zielsätzen, formuliert diese in der Gegenwart und achtet darauf, dass ihr das Ziel selbst erreichen könnt und nicht andere sich ändern müssen.
Überlegt euch gemeinsam, welches Ziel ihr erreichen wollt und was ihr tun könnt, um dorthin zu kommen. Wichtig dabei ist immer der Blick auf das Ziel, vermeidet also das kleine Wörtchen „nicht“ in euren Zielsätzen, formuliert diese in der Gegenwart und achtet darauf, dass ihr das Ziel selbst erreichen könnt und nicht andere sich ändern müssen.
Beispiel: „Ich habe mit den anderen gemeinsam Spaß und bin glücklich “ statt „Ich will nicht, dass sie so gemein zu mir sind“.
4. Schule mit einbeziehen
Wenn sich die Situation nicht ändert und dein Kind immer noch nicht akzeptiert wird, dann wird es Zeit, die Schule mit einzubeziehen. Dieser Schritt sollte nicht zu lange hinausgezögert werden, denn meist verschlechtert sich die Situation, wenn man zu lange wartet. Wichtig ist hier, keinen Druck auf das Lehrpersonal aufzubauen, sondern das Gespräch zu suchen und die Situation aus eurer Sicht und der Sicht eures Kindes zu erklären. Möglicherweise ist die Situation auch der Lehrerschaft bereits aufgefallen, vielleicht ist es ihnen aber auch nicht bewusst und sie benötigen noch mehr Informationen, um zu handeln. Auf jeden Fall aber sind Lehrer*innen dazu ausgebildet, auch mit Situationen von Ausgrenzung umzugehen, sie können euch also eine große Hilfe sein, wenn gerade euer Kind ausgegrenzt wird.
5. Mit anderen Eltern sprechen
Möglichst niederschwellig kann man mit den Eltern der Mitschüler*innen sprechen, indem man beim Elternabend mal fragt, ob andere Kinder ein ähnliches Problem haben oder sich in der Klasse nicht wohlfühlen. Dies ist ein mutiger Schritt, aber er führt zum konstruktiven Gespräch und sensibilisiert die anderen Eltern für das Thema, auch wenn sie das Problem nicht haben. Auch hier gilt: keine Schuldzuweisungen, da du damit bei anderen Eltern schnell auf Gegenwehr stoßen kannst. Erzähle ganz offen, wie sich dein Kind fühlt und was das wiederum für Gefühle, Ängste und Sorgen bei dir hervorruft. Vielleicht gibt es in der Klassengemeinschaft noch andere Kinder, denen es ähnlich geht, und die vielleicht die gleichen Interessen haben wie dein Kind.
Fazit:
Eltern können ihre Kinder nicht immer beschützen. Für Kinder ist es wichtig, selbst mit schwierigen sozialen Situationen umzugehen und Lösungen zu finden. Was Eltern aber tun können, ist zuhören und ihre Kinder unterstützen. Wenn ihr aber nicht mehr weiter wisst und euer Kind zu sehr unter der Ausgrenzung leidet, wenn es vielleicht bereits Anzeichen von Schulangst zeigt, dann solltet ihr euch professionelle Hilfe suchen.