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Kind stärken gegen Mobbing:
5 Tipps für Eltern

Es gibt Momente im Elternleben, in denen man vor Hilflosigkeit heulen möchte. Wenn dein Kind gemobbt wird, kämpfst du jeden Tag mit solchen Momenten. Vielleicht kommt dein Kind weinend aus der Schule, vielleicht stehst du immer öfter vor verschlossener Tür. Und vielleicht fragst du dich, warum die Klassenkameraden, die in der Vergangenheit lärmend durchs Haus tobten, in letzter Zeit verschwunden sind.

Als psychosoziale Beraterin für Kinder und Jugendliche weiß ich, was Ausgrenzung und Hänseleien in jungen Menschen anrichten. Ich weiß aber auch, wie Eltern ihren Kindern in dieser Situation helfen können. Deshalb habe ich meine besten Tipps gegen Mobbing für dich zusammengefasst.

So kannst du dein Kind vor
Mobbing schützen

Wir starten mit einer einfachen Wahrheit: Der beste Schutz gegen Mobbing in der Schule sind ein starkes Selbstbewusstsein und ein stabiler Freundeskreis. Nicht nur, weil Angriffe leichter abperlen, wenn man nicht alleine steht: Einzelne Kinder, die nicht Teil einer Gruppe sind, werden viel leichter Opfer von Mobbing als Kinder mit fester Clique.

Spätestens jetzt verdrehst du die Augen – und ich verstehe, warum. Es ist schließlich nicht so, dass du nicht weißt, was deinem Kind helfen würde. Du hast wahrscheinlich nur keine Idee, wie du die Situation verändern kannst. Und vielleicht fragst du dich auch, ob es wirklich Mobbing ist und, wenn ja, ob du rechtlich dagegen vorgehen kannst. Diese und andere wichtige Fragen klären wir jetzt gemeinsam.

Ab wann ist es Mobbing?

Es ist gar nicht so einfach, Mobbing zu erkennen. Erstens, weil viele Kinder und Jugendliche nicht erzählen, was genau in der Schule passiert, und zweitens, weil „typische“ Anzeichen dafür, dass dein Kind gemobbt wird, auch Begleiterscheinungen der Pubertät sein können. Deshalb ist Mobbing in der Schule oft auch ein komplexeres Problem als etwa Mobbing im Kindergarten. Außerdem gehören Streitereien und dramatisch beendete Freundschaften zum Erwachsenwerden: Nur so lernen Kinder, mit Konflikten umzugehen. Was also sind „normale“ Schulhof-Probleme – und wann ist es Mobbing?

Per Definition sprechen wir von Mobbing, wenn ein (einzelnes) Kind über einen längeren Zeitraum gezielt und systematisch angegriffen wird.

In den meisten Fällen sind die Übergriffe verbaler Natur (beleidigen, beschimpfen), oft in Kombination mit verletzenden Gesten wie dem Opfer den Rücken zukehren oder mit den Augen rollen. Gerade unter (kleineren) Kindern artet Mobbing aber auch schnell in körperliche Gewalt aus. Dann wird geschubst, gezwickt oder sogar geprügelt.

Eine besonders perfide Form von Mobbing ist die Schikane via Social Media oder Instant Messaging, auch Cyber-Mobbing genannt. Wie du Cyber-Mobbing erkennen und deinem Kind helfen kannst, erfährst du hier.

Wie verhalten sich Kinder, die Mobbing-Opfer sind?

Geklaute Rucksäcke, einsame Pausen und Übergriffe auf dem Schulweg: Kinder und Jugendliche, die Opfer von Mobbing sind, werden im Schulalltag oft ausgegrenzt, ignoriert oder in Streitereien verwickelt. In vielen Fällen trauen sie sich auch nicht mehr, im Unterricht mitzuarbeiten. Da die meisten Mobbing-Opfer daheim nicht über die Schikanen sprechen, siehst du als Mutter oder Vater oft nur die Folgen. Wenn dein Kind in der Schule schikaniert wird,

Du darfst eines bitte nicht vergessen: Mobbing hat viele Gesichter. Manchen Kindern merkt man die Traurigkeit an, andere verstecken ihre Gefühle hinter einer Mauer aus Schweigen oder lenken davon ab, indem sie selbst auffällig werden. Beim Verdacht auf Mobbing hilft in jedem Fall ein Blick von außen. Oft fällt es Kindern und Jugendlichen nämlich leichter, in Abwesenheit der Eltern über ihre Erfahrungen zu sprechen (hier geht es zur Kinder- und Jugendberatung).

Mobbing ist kein Kinderspiel.

Wenn Kinder und Jugendliche, die andere schikanieren, zur Rede gestellt werden, fällt oft ein ganz bestimmter Satz: Das war doch nur Spaß. Manchmal hören wir diesen Satz sogar vom Opfer selbst:

Ach, die meinen das nicht so. War doch alles nur Spaß.

Aber Mobbing ist niemals Spaß. Denn das Kräfte-Ungleichgewicht zwischen Opfer und Täter*in bzw. Täter*innen-Gruppe kann ganz schnell eine Eigendynamik entwickeln. Was mit ein paar blöden Sprüchen beginnt, kann sich schneller zu täglicher Schikane steigern, als wir „Stopp!“ rufen können. Dauert dieser Zustand an, werden die Schul-Bauchschmerzen nicht nur chronisch, sondern es können sich echte Ängste entwickeln, die deinem Kind bei jedem weiteren Schritt im Leben wie Blei um die Beine hängen. Deshalb ist es so wichtig, deinen Verdacht zu thematisieren – und deinem Kind den Rücken zu stärken.

Mein Kind wird gemobbt! 5 Ratschläge für Eltern

Ist die Mobbing-Bombe mal geplatzt, wollen Eltern nur eines: helfen. Klar, dass dein Instinkt dir rät, zuerst zur Schule zu marschieren und direkt im Anschluss die Eltern der Bullys zur Rede zu stellen. In den meisten Fällen wird es dadurch aber nur noch schlimmer, weil dein Kind jetzt „zu Mama und Papa petzen gegangen“ ist. Deshalb ist es wichtig, nicht den Kopf zu verlieren: Wenn ein Kind gemobbt wird, helfen Mama und Papa aus dem Hintergrund. Die folgenden Ratschläge dienen euch dafür als roter Faden.

Dein Kind vor Mobbing schützen

1. Wer mobbt wen, wie und wo?

Mobbing muss thematisiert werden – und zwar so früh wie möglich. Für das Gespräch mit der Schule solltet ihr aber gut vorbereitet sein und möglichst genau sagen können, wann und wo die Angriffe stattfinden, und was der oder die Täter*innen genau machen. Es ist auch wichtig, innerhalb der Täter*innen-Gruppe zu differenzieren: Wer ist Rädelführer*in, welche Kinder machen „nur“ mit, welche Kinder schauen zu? Für dein Kind sieht es so aus, als ob die ganze Klasse auf dem Kriegspfad ist – oft geht das Ganze aber von nur 2 oder 3 Kindern aus.

Je älter dein Kind ist, desto besser kann es sich hier selbst helfen, indem es zum Beispiel eine Art Mobbing-Tagebuch führt. Das Protokollieren der Übergriffe ist vor allem dann wichtig, wenn es sich um jugendliche Täter*innen handelt und ihr eine Anzeige in Erwägung zieht.

2. Selbstvertrauen aufbauen gegen Mobbing

Man liest es immer wieder:
„Was kann ich gegen Mobbing tun?“ – „Deine Kinder stärken.“

Das ist natürlich richtig. Kommt das Kind aber bereits weinend aus der Schule und mag nicht mehr vor die Tür gehen, denken viele Eltern, es sei bereits zu spät. Mit diesem Gedanken möchte ich ein für alle Mal aufräumen: Für Kinder ist es nie zu spät, um Selbstvertrauen aufzubauen. Ganz im Gegenteil: Je mehr dein Kind sich seiner Stärken bewusstwird, desto weniger wird es auf die Beleidigungen und Hänseleien geben.

Wenn dein Kind in der Schule schikaniert wird, ist es wichtig, dass du sein Selbstvertrauen in anderen Lebensbereichen stärkst. Ermutige es zum Beispiel, ein neues Hobby anzufangen oder einem Sportverein beizutreten. Dort kann dein Kind auch neue Kontakte knüpfen und lernen, dass das Zusammensein mit Gleichaltrigen etwas Wunderbares sein kann, vor dem man keine Angst haben muss.

In der Kinder- und Jugendberatung setzen wir genau hier an: Wir graben vergessene Talente aus, legen verborgene Stärken frei und nehmen den Hänseleien die Schneidekante. Dein Kind lernt, eigene Zielvorstellungen zu entwickeln und innere Kraftreserven anzuzapfen.

3. Sicherheit bieten und Halt geben

Für dein Kind solltest du der Fels in der Brandung sein – ganz besonders dann, wenn‘s stürmt. Kinder und Jugendliche, die in der Schule sekkiert werden, müssen wissen, dass sie daheim sicher sind. Das heißt nicht nur, dass sie mit dir über Erlebtes sprechen können. Es bedeutet auch, dass sie sich als Teil einer Familie, eines starken Verbundes, fühlen können. Es liegt eine große Kraft darin, zu wissen, dass die eigene Familie hinter einem steht – stark wie ein Bollwerk und durch nichts zu erschüttern. Hierfür kann es hilfreich sein, alle Familienmitglieder um einen Tisch zu versammeln (zum Beispiel im Rahmen einer Familienberatung und offen und ehrlich miteinander zu sprechen:

Was können wir tun, um unser Kind zu unterstützen? Was wünscht sich dein Kind? Gibt es daheim Dinge, die es zusätzlich belasten? Und, wenn ja: Wie können wir diese Situation verändern?

4. Freundschaften fördern gegen Mobbing

Ein stabiler Freundeskreis ist eine der besten Präventionsmaßnahmen gegen Mobbing. Für viele Kinder ist er aber keine Selbstverständlichkeit. Wenn Kinder zum Beispiel nicht das Gefühl haben, dass ihre Freundinnen und Freunde bei ihnen daheim willkommen sind oder, andersherum, Eltern darauf bestehen, dass sämtliche Verabredungen unter ihrem Dach stattfinden, kann das Knüpfen von starken Banden schwierig werden. Euer Kind sollte niemals daran zweifeln, dass es Freund*innen nach Hause einladen und auch selbst Einladungen annehmen darf. Dass ihr natürlich stets ein Auge darauf habt, dass es eurem Kind bei seinen Freundinnen und Freunden an nichts fehlt, versteht sich von selbst.

5. Hilfe in Anspruch nehmen

Es fühlt sich zwar manchmal so an, aber beim Thema Mobbing stehen Kinder und Eltern nicht alleine. Eure erste Anlaufstelle ist die Schule, denn Lehrerinnen und Lehrer können wichtige Verbündete sein: Da sie vor Ort sind, können sie die Dynamik besser einschätzen und mit euch zusammen über mögliche Maßnahmen und Lösungen sprechen. Es gibt auch Hilfsangebote von öffentlicher Seite wie zum Beispiel das Kompetenzzentrum Mobbing der Stadt Wien. In jedem Fall solltet ihr die Situation so lange zum Thema machen, bis eine Lösung gefunden ist.

Vergesst dabei aber nicht, dass Veränderung Zeit braucht – und, dass euer Kind den Schikanen weiterhin ausgesetzt bleibt. Deshalb ist es wichtig, dass euer Kind ebenfalls eine Anlaufstelle hat, wo geweint, geschimpft und Erlebtes verarbeitet werden darf.

Ist Mobbing in Österreich strafbar?

Wie gerne würden wir unseren Kindern das Gefühl geben, dass wir Antworten auf alle Fragen und für jedes Problem eine Lösung haben. Tatsache ist aber, dass Eltern dem Thema Mobbing meist vollkommen hilflos gegenüberstehen. Es ist daher nicht überraschend, dass viele als letzten Ausweg Hilfe im Strafrecht suchen. Grundsätzlich ist Mobbing in Österreich selbstverständlich strafbar.

Eine Anzeige ist allerdings nur möglich, wenn die Schikane mit einem Straftatdelikt in Verbindung steht, dein Kind zum Beispiel körperliche Verletzungen davongetragen oder Nötigung stattgefunden hat, und der oder die Täter*innen 14 Jahre oder älter sind. Bullys, die unter 14 Jahre alt sind, können in Österreich aktuell strafrechtlich nicht belangt werden – was aber nicht heißt, dass du gar keine Handhabe hast.

Tatsache ist nämlich, dass die Schule zum Handeln verpflichtet ist, wenn dein Kind sekkiert wird. Nach § 49 des Schulunterrichtsgesetzes können Schülerinnen und Schüler, deren Verhalten “eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt“ (Quelle: www.jusline.at) zum Beispiel für bis zu 4 Wochen vom Unterricht ausgeschlossen werden.

Weiterführende Informationen darüber, wie du dein Kind vor Mobbing schützen kannst, und zum Thema Strafbarkeit von Schikane in der Schule und Präventionsmaßnahmen findest du auf dieser Seite des Bundesministeriums für Inneres.

Über Hilfsmaßnahmen und Lösungswege zum Thema Cybermobbing kannst du dich in diesem Blogartikel informieren.