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SOS Pubertät:
Hilfe für Eltern & 5 Überlebenstipps

Augenrollen, schlechte Noten und kein Bock auf nix: Für viele Eltern ist die Pubertät genauso verwirrend wir für den Nachwuchs: Du sollst Halt geben, gleichzeitig aber loslassen lernen. Und du übst, gelassen zu bleiben, während dich die Ängste innerlich auffressen. Tatsache ist, dass Eltern in der Pubertät ebenso viel Hilfe brauchen wie ihre Kinder – manchmal sogar mehr. Deshalb habe ich meine besten Überlebenstipps für Eltern pubertierender Kinder für dich zusammengefasst.

Hilfe für Eltern in der Pubertät.

Wenn ein Kind übel gelaunt aus der Schule kommt, sich immer mehr zurückzieht oder grundlos aus der Haut fährt, schrillen bei Eltern die Alarmglocken: Schulangst, Mobbing oder „nur“ Pubertät? Während Ängste und Ausgrenzung heutzutage ernstgenommen und adressiert werden, speisen wir Mütter und Väter, deren Kind in der Pubertät steckt, viel zu oft mit einem „Ach, das geht schon vorbei!“ ab.

Dabei geht es für Eltern in der Pubertät mitnichten nur darum, die hormonellen Tsunamis zu überstehen: Plötzlich benimmt sich die 13-Jährige wieder wie 2, aber jetzt kannst du sie nicht mehr einfach unter den Arm klemmen, wenn du nicht mehr weiterweißt. Und der 15-Jährige braucht klare Regeln, hasst dich aber dafür, dass du sie setzt.

Ja, Kinder und Jugendliche in der Pubertät brauchen ihre Eltern – ganz dringend sogar. Aber Eltern sind eben auch nur Menschen. Und Kinder kommen ohne Bedienungsanleitung auf die Welt. Deshalb ist es völlig normal, wenn du dich überfordert fühlst und manchmal vielleicht nicht die Mama oder der Papa bist, die*der du gerne wärst.

Wahrscheinlich bist du erschöpft davon, daheim auf Eierschalen zu laufen, weißt aber nicht, wie du die Situation verändern kannst. Und möglicherweise fragst du dich auch, ob das Verhalten deines Kindes „nur“ pubertätsbedingt ist oder vielleicht ein Warnsignal für etwas anderes sein könnte. Diese und weitere wichtige Fragen klären wir jetzt gemeinsam.

Was passiert in der Pubertät? Großbaustelle Gehirn.

In der Pubertät mistet der Körper Synapsen aus, verteilt die Gehirnmasse um und schaltet Funktionen, die wesentlich für ein friedliches Miteinander sind, vorübergehend einfach aus. Wer behauptet, Kinder und Jugendliche seien während dieser kritischen Jahre zu hundert Prozent für ihr (scheinbar) sonderbares Verhalten verantwortlich, liegt schlicht und ergreifend falsch. Viele pubertierende Jugendliche leiden sogar massiv unter den eigenen Stimmungsschwankungen und können sich oft selbst nicht besonders gut leiden.

Schuld daran ist nicht nur das limbische System, das den Körper mit Hormonen flutet und die Impulskontrolle (manchmal dramatisch) herabsetzt: Das gesamte Gehirn wird während der Pubertät von Grund auf umstrukturiert – und dieser Prozess beginnt bei manchen Kindern schon im Alter von acht oder neun Jahren.

Während Eltern ihre Kinder während dieser Zeit als besonders herausfordernd empfinden, gerät für viele Jugendliche ihre gesamte Lebenswelt aus den Fugen: Hobbys werden aufgegeben, Freundschaften zerbrechen und was vor ein, zwei Jahren noch sicher schien, kauert plötzlich unter riesigen Fragezeichen.

Respektlosigkeit und Aggression während der Pubertät

Für Erwachsene ist oft nicht mehr nachvollziehbar, was junge Menschen in der Pubertät leisten: Nicht genug damit, dass Körperbehaarung und Pickel sprießen, die Stimme im Dreieck hüpft oder unbeschwertes Spielen alle vier Woche Krämpfen und Bauchweh weicht – zu den körperlichen Veränderungen gesellen sich noch hormonelles Chaos und wachsender Druck von allen Seiten. Abfallende schulische Leistungen, Streitigkeiten im Freundeskreis oder unerwiderte romantische Hoffnungen erscheinen plötzlich unfassbar dramatisch und „Selbstverständlichkeiten“ wie den Müll rausbringen, das Zimmer aufräumen oder beim Einkaufen helfen klingen nach dem Ende der Welt.

In vielen Fällen läuft die Kommunikation hier ins Leere. Während die Eltern nicht verstehen, warum plötzlich alles ein Problem ist, wissen die Jugendlichen oft nicht, wie sie sich mitteilen sollen. Und wenn Eltern von ihren Kindern „volle Funktionsfähigkeit“ erwarten, während diese im Ausnahmezustand stecken, können die Emotionen schonmal überkochen.

Manche Kinder werden in der Schule auffällig, andere verhalten sich in den Augen ihrer Eltern respektlos. Manche Kinder und Jugendliche entwickeln auch Aggressionen gegen sich oder andere. Obwohl auffälliges Verhalten oft der Versuch ist, wieder Kontrolle über eine aus den Fugen geratene Welt zu erlangen, solltest du nicht zögern, Hilfe für dich und/oder für dein Kind in Anspruch zu nehmen.

Wenn Jungen der Mutter gegenüber aggressiv werden

Die Pubertät ist eine Zeit, während der sich alle Arten von Beziehungen verändern. Dies gilt auch, und oft in besonderer Weise, für die Beziehung zwischen Mutter und Sohn. Vor allem in engen Mutter-Sohn-Beziehungen kriselt es während der Pubertät häufig – in manchen Fällen kommt es sogar zu aggressivem Verhalten der Mutter gegenüber. Türen knallen, Schreien und Wutanfälle wegen Kleinigkeiten sind hier keine Seltenheit.

In vielen Fällen entstehen Aggressionen dieser Art dadurch, dass die Jungen mit ambivalenten Gefühlen zu kämpfen haben: Auf der einen Seite steht das Verlangen, die Flügel auszubreiten, die eigenen Grenzen zu erweitern und Anerkennung innerhalb der Peergroup zu erlangen. Auf der anderen Seite steht die Mutter, die er dafür ein Stück weit „zurücklassen“ lassen muss.

Je enger die Beziehung zwischen Mutter und Sohn ist und je mehr der Junge das Gefühl hat, von seiner Mutter „gebraucht“ zu werden, desto stärker ist die Ambivalenz in seinem Inneren: Der Drang nach Freiheit kämpft mit dem Verantwortungsgefühl der Mutter gegenüber. Oft wissen die Jungen nicht, wie sie mit diesen Gefühlen umgehen sollen. Diese Ohnmacht der eigenen Gefühlswelt gegenüber äußert sich dann in rebellischem Verhalten und in manchen Fällen eben auch in Aggression der Mutter gegenüber.

Wie überlebe ich die Pubertät meiner Tochter?

Wenn die 8-Jährige die Türen knallt und plötzlich geheimniskrämerisch wird, tun viele Eltern das als Trotz ab. Tatsache ist aber, dass die Pubertät bei Mädchen früher einsetzt als bei Jungs. Bei Mädchen zeigen sich erste körperliche Veränderungen oft schon im Volksschulalter, in der Regel ist die Mädchen-Pubertät dafür aber auch früher abgeschlossen.

Neben den typischen körperlichen und hormonellen Veränderungen (erste Regelblutung, Brustentwicklung, sprunghaftes Wachstum usw.) sind es oft die psychischen Veränderungen der pubertierenden Tochter, die Eltern verzweifeln und den Haussegen vorübergehend schiefhängen lassen.

So haben Mädchen in der Pubertät oft nicht nur mit extremen Stimmungsschwankungen zu kämpfen, sondern die körperlichen Veränderungen können auch einen Knick im Selbstbewusstsein verursachen: Viele Mädchen entwickeln in der Teenagerzeit Selbstzweifel, die durch die Sozialen Medien oft noch verstärkt werden. Mehr Informationen darüber, wie Social Media das Selbstbild von Jugendlichen verändern kann, findest du hier.

Was du tun kannst, um deiner Tochter in dieser schwierigen Zeit Halt zu geben, habe ich in meinem Blogartikel „Wie Eltern die Mädchen-Pubertät navigieren“ für dich zusammengefasst.

Die schlimmste Phase in der Jungen-Pubertät.

Bei Jungs beginnt die Pubertät normalerweise später als bei Mädchen und dauert dafür ein paar Jahre länger. Die Hochphase, und in den Augen vieler Eltern damit auch die schlimmste Phase der Jungen-Pubertät, beginnt zwischen dem 14. und dem 16. Lebensjahr. In dieser Zeit sind die hormonellen und körperlichen Veränderungen am gravierendsten und das Zusammenleben wird zunehmend schwierig.

Viele Jungs mutieren in der Pubertät zu Morgenmuffeln, weil sich der Schlafrhythmus verschiebt, zeigen wenig Rücksichtnahme und reagieren extrem empfindlich auf jede Art von Kritik, während sie selbst Worte wie Wurfmesser benutzen. Was dich in der Jungen-Pubertät sonst noch erwartet, habe ich in diesem Blogartikel für dich zusammengefasst.

Während man Mädchen nachsagt, während der Pubertät vor allem maulig und zickig zu werden, resultieren die hormonell bedingten Stimmungsschwankungen bei Jungs nicht selten in Wutausbrüchen, die in seltenen Fällen auch gewalttätig werden können.

Wenn du das Gefühl hast, dass dein Sohn sich selbst oder andere in dieser Weise gefährden könnte, lege ich dir dringend ans Herz, dich über präventive Maßnahmen zu informieren.

Mein Kind ist in der Pubertät! Hilfe für Eltern.

Als Mütter und Väter sehen wir oft auffälliges Verhalten, wo unsere Kinder nach Lösungen suchen und Unterstützung brauchen. Leider sprechen Kinder und Jugendliche während der Pubertät nicht immer unsere Sprache – und wir stehen ratlos da und wissen nicht, wie wir helfen sollen.

Als systemischer Coach für Familien und psychosoziale Kinder- und Jugendberaterin weiß ich, dass die Pubertät ein Problem – aber auch eine Chance – für die ganze Familie sein kann. Deshalb habe ich meine besten Tipps für Eltern für dich zusammengefasst: So überstehst du die Pubertät deines Kindes, ohne dich in endlosen Diskussionen zu verstricken oder alles stumm zu ertragen!

1. Sicherheit geben, aber Abgrenzung zulassen

Klar, als Mutter oder Vater hast du den grundlegenden Wunsch, deinem Kind bei allem zu helfen. Und ein bisschen wünschst du dir auch, dass dein Sohn oder deine Tochter niemals aufhört, mit Sorgen und Problemen zu dir zu kommen. Aber Abgrenzung von Mama und Papa ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Erwachsensein. Deine Aufgabe ist es jetzt, deinem Kind zu zeigen, dass du immer da bist, dass du ihm aber gleichzeitig zutraust, eigene Entscheidungen zu treffen und (ein Stück weit) schon jetzt seinen eigenen Weg zu gehen.

Kinder und Jugendliche, die Abgrenzung und Unabhängigkeit in der Sicherheit ihres Zuhauses „üben“ können, entwickeln oft ein starkes Selbstvertrauen und haben ein gutes Selbstgefühl.

2. Anerkennung hilft über Hürden

Bei vielen Jugendlichen wachsen mit den Pickeln und den Achselhaaren auch die Selbstzweifel. Dinge, die zuvor selbstverständlich waren, werden plötzlich infrage gestellt, und es entstehen Ängste, die vielen Eltern irrational erscheinen (mehr Informationen über Ängste bei Kindern und Jugendlichen). Ganz gleich, ob du die Sorgen und Ängste deines Kindes nachvollziehen kannst oder nicht: Dein Sohn oder deine Tochter braucht jetzt positive Verstärkung. Wertschätzung und Anerkennung helfen über Hürden hinweg und sorgen dafür, dass dein Nachwuchs sich Schritt für Schritt wieder mehr zutraut und das Selbstbewusstsein (neu) wachsen kann.

3. Grenzen setzen, aber auf Augenhöhe

In dem Bemühen, „cool“ zu sein, vergessen Eltern manchmal, dass Kinder und Jugendliche in der Pubertät klare Regeln brauchen. Tatsächlich können Jugendliche ihre Impulse nämlich noch nicht richtig steuern und die Folgen ihrer Handlungen manchmal nicht korrekt einschätzen – einer der Gründe, warum man immer wieder von Alkoholexzessen unter Jugendlichen liest. Wo Teenager eine erhöhte Risikobereitschaft und Furchtlosigkeit an den Tag legen, ist es Aufgabe der Eltern, klare Grenzen zu setzen und diese auch zu verteidigen.

Wichtig ist dabei, dass du deine Grenzen nicht willkürlich setzt und deinem Kind deine Regel erklärst. In vielen Fällen akzeptieren Kinder und Jugendliche von Eltern gesetzte Grenzen eher, wenn sie sie nachvollziehen können. Ihr könnt auch gemeinsam überlegen, ob es einen Mittelweg geben kann zwischen dem, was euer Kind will, und dem, was ihr erlaubt.

Dass im Falle eines Regelbruchs nicht geschrien und die Diskussion nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen wird, versteht sich von selbst.

4. Privatsphäre achten, aber nicht wegschauen

Wenn dein Sohn oder deine Tochter sich ab einem gewissen Alter zunehmend zurückzieht, dann ist das vollkommen normal. Als Elternteil solltest du dies nicht nur zulassen, sondern auch sicherstellen, dass dein Kind räumlich die Möglichkeit hat, mit sich allein zu sein. Spätestens jetzt werden geteilte Kinderzimmer also zum Problem: Dein Kind muss darauf vertrauen können, dass du und alle anderen Familienmitglieder seine Privatsphäre achtet und auch akzeptiert, wenn die Tür zu bleibt.

Das heißt natürlich nicht, dass du blind für das werden sollst, was hinter dieser Tür passiert. Stundenlanges An-die-Decke-Starren oder erste sexuelle Erkundungstouren sind natürlich in Ordnung. An heimlichem Rauchen oder Marathon-Computerspielen scheiden sich die Geister, aber ein absolutes No-Go ist zum Beispiel das unbeaufsichtigte Surfen auf potenziell gefährlichen Internetseiten (Stichwort Cyber-Grooming).

5. Selbstfürsorge nicht vergessen!

Du kennst sicher die alte Weisheit vom leeren Brunnen, aus dem man kein Wasser schöpfen kann. Ein Gemeinplatz? Schon möglich. Wahr ist es aber trotzdem! Du kannst deinem pubertierenden Kind nur dann Halt und Sicherheit geben, wenn du auch gut auf dich selbst achtest. Eltern, die die Selbstfürsorge vergessen und keine Gelegenheit haben, ihre Batterien zwischendurch wieder aufzuladen, fahren schneller aus der Haut und reagieren öfter so, wie sie eigentlich gar nicht reagieren wollen.

Indem du dir bewusst Auszeiten nimmst und Dinge tust, die dir Freude bereiten, nimmst du Druck aus eurem Alltag und bringst deinem Kind gleichzeitig bei, wie wichtig es ist, in allem, was man tut, „bei sich“ zu bleiben. Immerhin: Selbstliebe und Selbstfürsorge sind zwei der wichtigsten Dinge, die dein Kind in seinem ganzen Leben lernen wird.

Und bei allen Herausforderungen, die die Pubertät mit sich bringt, hat sie auch einen großen Vorteil: Dein Kind wird erwachsen. Und das bedeutet, dass mit dem Freiraum, den es jetzt einfordert, auch wieder mehr Zeit und mehr Raum in dein eigenes Leben zurückkehrt.

Wann professionelle Hilfe wichtig ist.

Die Pubertät ist nicht nur für dein Kind ein Ausnahmezustand, sondern auch für dich und eure ganze Familie. Und nur, weil du Mama oder Papa bist, heißt das nicht, dass du auf alles die Antwort kennen und für jedes Problem eine Lösung parat haben musst.

Es ist niemals eine Schande, um Hilfe zu bitten und/oder Hilfe von Menschen anzunehmen, die genau dafür ausgebildet sind. In folgenden Situationen kannst du deinem Kind helfen, indem du dich um Hilfe von außen bemühst:

Bitte nicht vergessen: Die Kinder- und Jugendberatung ist keine Therapie. Meine Arbeit mit deinem Kind hat präventiven Charakter und hilft dabei, „typische“ Schwierigkeiten besser zu managen und negative Erfahrungen richtig zu verarbeiten. Falls sich bei deinem Kind bereits eine psychische Erkrankung entwickelt hat und ihr entsprechende Unterstützung benötigt, kannst du dich zum Beispiel an den Psychologischen Dienst der Stadt Wien wenden.